Meine Motivation

Meine Motivation 
Das Entscheidende beim Aquarellieren ist die Übung, das Ausprobieren, das über seine Verhältnisse Malen und Kontrolle aufgeben.
Gerade das Aquarell verlangt dies. Es gibt Sätze wie: “Für zwanzig gute Aquarelle müssen zweihundert gemalt werden.” Sicher reichen vielleicht auch manchmal hundert oder achtzig aber gerade wenn man noch nicht so viele Aquarelle gemalt hat, ist diese Aussage sicher richtig.
Da ist ja das Grundübel: Alle wissen, dass es schwer ist und sagen dies auch, aber versuchen immer schnelle freundliche und “nette” Aquarelle zu malen. Ich denke, aus diesem Grund hat es das Aquarell in der Kunst auch so schwer!
Ich kann nur sagen, dass es schon wichtig ist, sich kritisch mit dem Material auseinander zu setzen. Bei der heutigen Aquarellmalerei ist als Stilmittel ziemlich alles erlaubt! Ob Aquarell- oder auch Pastellstifte. Wohlgemerkt als Stilmittel! -nicht als Korrektur bzw. weil man es nicht besser kann. Ich verwende z.B. auch kein Rubbelkrepp oder sonstiges zum Abdecken von hellen Flächen. Da meine Aquarell alle ohne Vorzeichnung entstehen, plane ich das Weiß bzw. die negativen Flächen vorher ein. Das ist manchmal sehr spannend.
Warum ich Aquarell male und es für mich etwas Besonderes ist?

Ich könnte sagen, ich aquarelliere, also bin ich!

Ich könnte sagen, weil lauter kleine (und größere) Köstlichkeiten entstehen, oder weil für mich ein gutes Aquarell entstanden ist, wenn das Spontane sichtbar wird und damit die Handschrift zur Qualität geworden ist. Gerade die Spontanität ist es, die diese zu meiner beliebtesten Ausdrucksform macht. Aber Aquarellmalerei ist für mich auch sensibel, die Wirklichkeit entsteht aus dem inneren Bild. Casper David Friedrich sagte: "Der Maler male, was er in sich sieht. Sieht er nichts in sich, so unterlasse er auch das zu malen, was er vor sich sieht." Die Aquarellmalerei ist für mich ein Eindringen in das Gegenüber, nicht ein Abbilden; sie ist nicht intellektuell, sondern emotional und macht damit das Ungreifbare zum eigentlichen Inhalt.
Wie sagt Walter Koschatzky: "Das Aquarell verfügt über die leichtesten Mittel, ist das Schnellste der Malerei und dennoch, oder eben deshalb, wohl das schwierigste aller. Und genau das alles gibt dieser Kunst ihren höchsten Rang, verdient ihre ganze Aufmerksamkeit, Zuwendung, Liebe, weil dieses Hineinreichen in das Ungreifbare uns mehr denn je angeht."

Ich suche in meinen Aquarellen immer das Risiko. Die Natur dient mir als anreizt und verleitet mich nicht zum sturen abmalen. Ich gestalte meine eigene fantastische, persönliche Welt.
In meinen Aquarellen geht es mir immer um Veränderung – Verfremdung ist das bessere Wort, meine eigenen Farben oder meine Farbenwelt, nicht die Vorgegebenen darstellen. Lebendigkeit darzustellen – lebendig und spontan malen.

Ich male Städte ohne Menschen. Da ich ein lebendiger Mensch bin, ist für mich lebendige Umgebung wichtig. Ich fühle sehr intensiv beim Betrachten von Städten. Ich fühle mich sehr wohl beim Malen von Städten. Es geht mir dabei immer um die Interpretation eines Ortes. Als Beispiel könnte ich nennen: Ein Mensch sieht einen schönen Sonnenuntergang und sagt, „Oh ist das schön, den möchte ich malen können!“. Ich sage dann immer: „Nein, mal nicht das was du siehst, sondern das was du in diesem Moment fühlst.“ Oft
sitze ich an dunklen Tagen, an dunklen Orten und male helle Aquarelle und auch umgekehrt. Um Aquarelle malen zu können, muss der Maler loslassen können, muss sich der Kontrolle entziehen, auf Zufälle reagieren und diesen nutzen können. Der Maler muss frei sein vom Anspruch alles richtig zu machen. Freiheit bedeutet Kreativität. Jeder Architekt kann Häuser besser zeichnen als ich, aber er ist noch lange kein Künstler. Oft wird das Handwerk mit Kunst verwechselt. Aber gutes Handwerk können ist noch keine Kunst. Ohne Kreativität wird aus dem Handwerker kein Künstler. Kreativität ergibt sich aus dem eigenschöpferischen Prozess. Entscheidend ist, wie verarbeite ich das gesehene. Ich kann das gleich gesehene, also dasselbe Motiv mehrmals malen. Denn das Motiv ist nur der Anlass zum Malen. Dennoch wird immer ziemlich deutlich, welche Stadt ich abbilde. Bei aller Abstraktion will ich schon, dass der Gegenstand erkennbar bleibt. Das ist meine Handschrift.

Ich mag das „draußen“ Malen besonders die Nähe zu meinem Publikum. Ich setze mich am liebsten in ein Kaffee und schaue mir die Szenen, die sich vor mir ausbreiten, lange an. Irgendwann ist dann der Punkt erreicht, wo ich eine Entscheidung bezüglich des Motivs treffe. In meinem Kopf hat sich die Komposition herauskristallisiert und ich weiß, welche Teile des Bildes ich weiß lassen möchte. Gerade das ist sehr wichtig, dass ich mir von vorne herein klar bin, welche Teile des Bildes hell und welche dunkel sein sollen. Eine Gebäude, was hell sein soll und was man ausversehen dunkel gemalt hat, kann nicht mehr geändert werden. Anders als bei der Öl- oder Acrylmalerei ist das Aquarell nicht änderbar. Einmal gesetzte Farben können nicht mehr heller gemalt werden. Das ist ein Grund, warum das Aquarell eine der schwierigsten Techniken in der Kunst ist.

Andreas Mattern